50 spannende Fragen und Antworten rund ums Thema Esel
Die Eselmüller-Stiftungsgründerin Edith Müller beantwortete für das Magazin Schweizer Familie 50 Fragen zu einem erstaunlichen Tier. Einem, das mutig ist und trotzdem bedacht. Wer das versteht, zerrt nicht an ihm. Wer es trotzdem tut, ist ein Esel ...
Und nein, stur sind Esel nicht! Und gefährlich für Menschen sind Esel auch nicht. Vorausgesetzt natürlich, dass man die Grauohren gut behandelt und versteht. Lernen Sie deshalb viele spannende Fakten über die liebenswürdigen Esel.
Eselwissen
Welche Charaktereigenschaften zeichnen Esel aus?
Esel sind sehr bedacht, schlau und, wenn sie mit ihrem Menschen im Einklang stehen, zuverlässig, loyal und mutig.
Wollen Esel überhaupt für den Menschen arbeiten?
Ja. Sie langweilen sich, wenn sie nur rumstehen. Für Menschen, die wissen, wie man mit Eseln umgeht, arbeiten sie sehr gerne.
Wie unterscheiden sich Esel von Pferden?
Esel sind keine Pferde mit langen Ohren. Sie haben ein anderes Sozial- und Fluchtverhalten. Pferde sind Steppentiere, die bei Gefahr sofort flüchten. Esel stammen aus steinigen Wüsten mit Geröllhalden und Sanddünen. Kopflos davonzurennen, ist da gefährlich. Man kann ins Rutschen kommen, Steinlawinen auslösen und abstürzen. Bemerken Esel etwas Bedrohliches, bleiben sie darum stehen und warten ab. Notfalls kämpfen sie auch gegen Raubtiere.
Sind Esel wirklich stur?
Nein. Das wird ihnen nachgesagt, weil der Mensch falsch auf das Verhalten der Esel reagiert. Wenn ein Esel wie versteinert stehen bleibt, weil ihm etwas nicht geheuer ist, nützt es nichts, an ihm herumzuzerren. Man muss ihm Zeit lassen, eine Situation einzuschätzen. Wenn man dann sachte seinen Kopf bewegt und damit sein Blickfeld verändert, kann man ihn ohne weiteres dazu überreden, weiterzugehen.
Wie erkennt man, ob ein Esel Schmerzen hat?
Esel können extreme Schmerzen erdulden, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Vieles lässt sich jedoch an den Augen ablesen. Sie drücken aus, ob ein Esel Schmerzen hat, traurig ist oder ob es ihm gut geht.
Wo leben heute noch Wildesel?
Afrikanische Wildesel sind vom Aussterben bedroht. Es gibt nur noch zwei Unterarten. Die eine kommt in der Nubischen Wüste vor, welche den östlichen Teil der Sahara bildet. Die zweite Unterart ist der Somali-Wildesel. Vermutlich leben noch einige Dutzend Tiere in Somalia. In der Schweiz engagiert sich der Basler Zoo für den Erhalt des Somali-Wildesels.
Wann wurden Esel domestiziert?
Etwa 4000 Jahre vor Christus, vermutlich im Niltal.
Wie kamen sie nach Europa?
Wahrscheinlich gelangten Esel bereits während der Antike über Marokko auf die Iberische Halbinsel.
Welche Aufgaben mussten die ersten domestizierten Esel erfüllen?
Sie wurden vor allem als Last- und Zugtiere eingesetzt. Esel haben beispielsweise geholfen, die ägyptischen Pyramiden zu bauen. In Indien schleppen Esel heute noch auf Baustellen Steine. Später dienten Esel auch als Reittiere. Wobei sich die Leute seitwärts auf die Kruppe des Esels setzten und ihn antrieben, indem sie mit den Füssen an seine Oberschenkel klopften.
Wie viel Gewicht kann ein Esel tragen?
Etwa ein Fünftel seines Körpergewichts. Ein Esel mit einem Stockmass von 110 Zentimetern (die Grösse wird am Widerrist, dem vorderen, erhöhten Teil des Rückens, gemessen) wiegt etwa 200 Kilo. Er sollte also nicht mit mehr als 40 Kilo beladen werden. Viele Esel, gerade auch solche, die Touristen herumtragen, werden hoffnungslos überladen.
Was bedeutet ihr Ruf, das Iah?
Das wird ganz vielfältig eingesetzt. Als Begrüssungslaut, um Aufmerksamkeit einzufordern oder Artgenossen zu rufen.
Wie erzeugen Esel das Iah?
Das I entsteht mit dem Einatmen, das Ah mit dem Ausatmen. Der Schrei geht über eine Skala von sieben Tönen und ist kilometerweit zu hören.
Wie beweglich sind die Ohren von Eseln?
Esel können ihre Ohren einzeln um fast 180 Grad drehen. Damit haben sie sozusagen einen akustischen «Rundumblick». Wenn es ihnen zu laut ist, legen sie die Ohren mit der Öffnung nach hinten unten. Damit schützen sie ihren hochempfindlichen Gehörsinn.
Welche Farben können Esel sehen?
Blau, Grün, Gelb. Rottöne nehmen sie nicht wahr. Weil sie die Farbe nicht einordnen können, kommt es häufig vor, dass sie sich weigern, über rote Flächen zu gehen.
Wie wichtig sind Gerüche für Esel?
Gerüche sind für sie in allen Lebensbereichen wichtig. Sie riechen, wo es Wasser hat – und ob es geniessbar ist. Auch Raubtiere erkennen sie mit der Nase. Wie fast alle Säugetiere besitzen Esel neben der Nase ein zusätzliches Riechsystem, das vomeronasale Organ. Flehmen nennt man den Vorgang, wenn Esel die Luft über dieses Organ ziehen. So stellt ein Hengst beispielsweise fest, ob eine Stute rossig, also empfängnisbereit, ist.
Wann ist ein Esel geschlechtsreif?
Der Hengst mit etwa 2½ Jahren, die Stute mit etwa 1½ Jahren. In diesem Alter sind Stuten aber viel zu jung, um ein Fohlen zu haben. Beim ersten Abfohlen sollte eine Stute mindestens vier Jahre alt sein.
In welchem Alter ist ein Esel erwachsen?
Kleine Esel im Alter von etwa fünf Jahren, grosse mit etwa sieben Jahren.
Wie alt können Esel werden?
In Freiheit über 40, in Gefangenschaft aber werden sie selten über 20 Jahre alt.
Was ist ein Halbesel?
Oft wird der Asiatische Wildesel als Halbesel bezeichnet. Er zeigt sowohl Merkmale von Eseln wie von Pferden. In Indien heissen diese Halbesel Khur, in der Mongolei werden sie Kulan genannt. Der Vater eines Maultiers ist ein Eselhengst, die Mutter eine Pferdestute. Maultiere sind trittsicher wie Esel, können aber höhere Gewichte tragen. Maultiere kommen bis heute in der Schweizer Armee zum Einsatz.
Was ist ein Maulesel?
Da ist der Vater ein Pferd und die Mutter eine Eselin. Sie sind viel seltener.
Sind Maultiere fruchtbar?
Nein. Sowohl Maultiere wie Maulesel haben eine ungerade Chromosomenzahl und sind deshalb in der Regel unfruchtbar.
Wie viele Eselrassen gibt es?
Weltweit zwischen 150 und 200. Allerdings sind heute viele Esel Mischlinge. Deshalb werden sie in der Schweiz in erster Linie nach ihrer Grösse unterschieden: Zwergesel messen bis 1 Meter Stockmass, Hausesel bis 1,20 Meter, alles, was darüber ist, sind Grossesel. Zu Letzteren zählen beispielsweise die zurzeit in der Schweiz begehrten französischen Poitou-Esel.
Welche ist die grösste Eselrasse?
Das ist eine amerikanische Rasse namens Mammoth Jack. Urvater dieser Rasse ist Mammoth, ein katalanischer Hengst, den der spanische König George Washington, dem ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten, geschenkt haben soll.
Wo leben heute die meisten Esel?
In Indien und in Mexiko. Allerdings ist der Eselbestand in Asien und Afrika stark gesunken, weil jährlich Hunderttausende von Eselhäuten nach China exportiert wurden. Dort werden Eselhäute zum angeblichen Potenz- und Schönheitsmittel Ejiao verkocht. Nachdem Pakistan als erstes Land 2015 den Export verbot, haben viele Staaten reagiert und ebenfalls ein Exportverbot für Eselhäute nach China erlassen.
Wie viele Esel leben in der Schweiz?
Immer mehr. In den letzten zwei Jahren ist der Bestand um vier Prozent auf rund 5000 Tiere gewachsen.
Schliessen Esel Freundschaften?
Ja. Befreundete Esel sind einander sehr treu. Es kann vorkommen, dass ein Esel derart um einen verstorbenen Gefährten trauert, dass er krank wird und stirbt.
Leben Esel allein oder in Gruppen?
Beides. Stuten schliessen sich zu kleinen Gruppen zusammen. Diese pflegen untereinander ein Netz von Freundschaften. So entstehen lose Verbände von 20 bis 30 Tieren. Töchter werden fortgeschickt, wenn sie selber trächtig sind. Dann wechseln sie oft zu einer benachbarten Gruppe. Söhne müssen gehen, wenn sie geschlechtsreif sind. Zuerst ziehen diese Junghengste in Junggesellenbanden herum, mit zunehmendem Alter werden sie immer mehr zu Einzelgängern.
Haben Eselhengste wie Pferde einen Harem?
Nein. Sie sind eher territorial, besetzen ein Gebiet, das bis zu 15 Quadratkilometer gross sein kann. Sie wandern den Stutengruppen in diesem Gebiet nach – und verteidigen diese gegen fremde Hengste. Solche Kämpfe sind sehr heftig und können tödlich enden. Das macht es schwierig, Eselhengste zu halten.
Wie lange sind Eselstuten trächtig?
Zwischen 360 und 370 Tage. Wenn die Bedingungen für die Geburt nicht stimmen, kann die Stute diese bis zu zwei Monate hinauszögern.
Wie hoch ist die normale Körpertemperatur eines Esels?
Zwischen 37,5 und 38 Grad Celsius. Im Sommer, wenn es sehr heiss ist, können auch 39 Grad normal sein.
Was passiert mit einem Esel, der zu lange im Regen steht?
Er wird krank, bekommt Nierenprobleme oder Lungenentzündungen. Eselfell fettet nicht. Wird es nass, dringt das Wasser schnell bis auf die Haut durch. Zudem trocknet das Fell extrem langsam. Es dauert bis zu fünf Stunden, bis ein durchnässter Esel trocken ist.